Probleme - Nein Danke!!!

Der letzte Leseclub war gut besucht.
12 Teilnehmer vor Ort und 4 Meldungen und Kritiken via Internet - keine schlechte Ausbeute.
Allerdings war es diesmal schwer, neue Bücher für die Besprechungen zum nächsten Treffen zu finden.
Thema Drogen?" , lieber nich".
Thema Mobbing? Auch Fehlanzeige.
Wie wär's mit Missbrauch oder Verlust eines Elternteils? - bloß nicht!
"Gibt's hier nicht mal was Lustiges?" wollte Yannik wissen. Und Otto wollte ebenfalls "keinen Problemkram" lesen.
Weltuntergang, Magersucht, Coming-out, Komasaufen, keiner-mag-mich-Geschichten, miese Castingagenturen im Netz oder frühe Schwangerschaft - alles Burner von gestern.
Die jungen Leute wollen einfach mal wieder richtig ablachen. Im Notfall greift man dann mit 15 sogar nochmal zu Gregs Tagebuch - in letzter Verzweiflung.
Also, liebe Leute, die Bücher schreiben: schmeißt mal wieder einen ordentlichen Lacher-Kracher auf den Markt - und mit Niveau bitte!
Unsere Jugendlichen haben genug mit dem ganz normalen Leben zu tun. Wir müssen schon ziemlich lange ohne Sonne auskommen, da will man wenigstens die Lachmuskeln wieder mal spüren!

Mir
hingegen kann es ja nie traurig genug sein - her mit den Problemen der Anderen!
Willy Vlautin Lean on Pete
kam da genau richtig.

Herzzerreißend schön und traurig - getreu nach dem Motto : schlimmer geht immer, geht man mit den Antihelden auf eine lange Reise von Portland nach Wyoming.
Charly ist 15. Seine Mutter abgehauen, sein Vater erstmal selten, später gar nicht mehr da.
Es gibt eine Tante, die gefunden werden muss und viele traurige, gescheiterte Existenzen.
Lean on Pete, ein abgehalftertes Rennpferd, das seinem Besitzer keinen Pfifferling mehr wert ist und mit einem barbarischen Viehtransport über die mexikanische Grenze geschafft werden soll, wird von Charly gerettet und er und Lean on Pete werden für eine kurze Zeit eine Familie...
Wer Motellife oder Northline von Vlautin gelesen hat ahnt, dass das nicht gut enden kann...
Es gibt nichts zu lachen und wenige Momente, die glücklich machen - am Ende (auch das ist Programm bei Vlautin) gibt es aber doch noch so etwas, wie Hoffnung.
Eine schöne Mischung aus Mark Twains Huckleberry Finn und Cormac McCarthys All die schönen Pferde.
Im Juni wird dieses Buch erscheinen und in meinem Laden wird niemand drumherum kommen!

Ganz anders und mal schnell für zwischendurch:
Die fliegenden Trautmanns von Miriam Toews
Ein herrlich schräges Roadmovie im Van über die Route 66.
Zwei Geschwister,
Logan 16 undThebes 11 haben gelernt mit ihrer depressiven Mutter zu leben.
Beide sind erwachsener, als sie sein sollten - so weit so gut.
Als Mutter Min aber ihren letzten Lebenswillen aufgibt, in eine
psychatrische Klinik eingewiesen
werden muss, kommt Schwester
Hattie auf den Plan.
Sie versucht, mit Nichte und Neffe im Schlepptau, den Vater der Kinder ausfindig zu machen.
Mit einem altersschwachen Auto, einem stinkenden Köter, der sich unterwegs kurzerhand der Patchworkfamilie anschließt, versuchen alle irgendwie miteinander auszukommen.
Geht natürlich erstmal gar nicht.
Logan, voll in der Pubertät, verschließt sich jeglicher Kommunikation und Thebe redet mit ihren
11jährigen Lebensweisheiten alles und jeden schwindlig.
"Tante"
Hattie, selbst vom aktuellen Liebeskummer geplagt, versucht cool zu bleiben.
Nach und nach werden alte Verhaltensmuster aufgebrochen und das ganze Elend der Familiengeschichte Trautmann kommt an die Oberfläche.
Aber es wird
afgeräumt und zwar gründlich!
Es gibt Schlägereien, furiose Korbwürfe, qualmende Motoren und großartige Dialoge zwischen den Geschwistern. Irgendwann spricht man wieder in ganzen Sätzen miteinander, lächelt sich an und reicht sich einander die Hand.
Ende gut, alles gut?
Verrate ich nicht!

Braucht man dieses Buch?
Keine Ahnung - aber
gebrauchen kann man es in jedem Fall...
Auf der Rückseite des Buches steht
Little Miss Sunshine auf kanadisch - was für ein Quatsch!
Hat man auch gleich schön, auf dem
Cover, einen gelben VW-Bus abgebildet - und wer es dann noch immer nicht kapiert hat, kriegt hinten schwarz auf weiß zu lesen, mit was er das Buch vergleichen kann.
Was soll das?
Manchmal glaube ich, die Verlage halten den Leser für total bescheuert und völlig merkbefreit.
Wer
Little Miss Sunshine haben will, soll sich den Film nochmal anschauen.
Mit dem Buch hat der eigentlich
nix zu tun.





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